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Anleihen: Mit Inflationsschutz gegen die Geldentwertung (Teil 2)

Von Thomas Keller und Mirko Kohlbrecher, Investmentstrategen bei der Spiekermann & CO AG in Osnabrück

Anleger, die sich vor Inflation schützen wollen, denken in erster Linie meist an Aktien und Gold. Dabei übersehen sie: Gegen die Geldentwertung kann man sich mit einer speziellen Art von Staatsanleihen mindestens genauso effektiv wappnen.

In unserer Mini-Reihe zu Anleihen erklären wir, mit welchen Papieren Anleger in diesen zinsarmen Zeiten noch eine vernünftige Rendite erzielen können. Die jüngste Kolumne setzte sich mit verschiedenen Arten von Unternehmensanleihen auseinander. Heute nehmen wir Papiere staatlicher Emittenten in den Fokus, die vor Inflation schützen oder bei denen ausländische Staaten höhere Zinsen bieten als Deutschland & Co. Last but not least klären wir, warum auch klassische Staatsanleihen einen Nutzen im Portfolio stiften.

ILB: Etwas kompliziert, aber wirksam gegen Inflation

Inflationsgeschützte Anleihen, auch Inflation-Linked Bonds (ILB) genannt, werden von einigen Staaten wie den USA, Deutschland oder Großbritannien ausgegeben. Diese ILB werden mit einem anerkannten Maßstab für die Inflationsrate indexiert. Anders als bei gewöhnlichen Anleihen, bei denen sich der Nominalwert, auf den sich die Zinszahlung bezieht, nicht verändert, passt sich der Nominalwert bei ILB im gleichen Maß wie die Inflationsrate an. Zudem verändern sich die prozentualen Zinszahlungen analog zum größer werdenden Kapitalstock. Auf diese Weise können sich Anleger effektiv vor einer möglichen Geldentwertung schützen.

Vermögen wächst mit der Inflationsrate

Ein hypothetisches Beispiel mag das am besten erläutern: Ein Anleger investiert 10.000 Dollar in eine zehnjährige US-Staatsanleihe mit einer Verzinsung von 1,5 Prozent im Jahr bei einer konstanten Inflationsrate von vier Prozent jährlich. Bei Fälligkeit nach zehn Jahren ist das nominale Kapital wegen des Inflations-Links auf 14.802 Dollar angewachsen, während es bei einer normalen Staatsanleihe weiterhin 10.000 Dollar betragen würde. Zusätzlich kassiert der Anleger jährlich 1,5 Prozent auf den sich vergrößernden Kapitalstock. Folglich erhöhen sich die Zinszahlungen sukzessive, bis die letzte Zinszahlung auf 14.802 Euro erfolgt und 222 Euro beträgt. Für den Fall einer anhaltenden Deflation, also einer negativen Inflationsrate, integrieren die meisten Emittenten von ILB einen „Floor“: Dieser Boden garantiert bei Ablauf der Anleihe die Rückzahlung des nominalen Kapitals zu 100 Prozent.

Bis zu sechs Prozent mit Fremdwährungs-Anleihen

Neben inflationsgeschützten Anleihen bieten Fremdwährungsanleihen gute Aussichten auf attraktive Renditen. Dabei investieren Anleger in Unternehmens- und Staatsanleihen, die in anderen Währungen emittiert werden. Es ist zu unterscheiden zwischen sogenannten Risk-on und Risk-off-Währungen. In Risk-On-Zeiten legen vor allem Schwellenländer-Währungen, australischer Dollar oder norwegische Krone tendenziell gegenüber dem Euro zu. In Risk-Off-Zeiten sind der Schweizer Franken oder der japanische Yen gesucht. Die Bandbreite der Renditen bewegt sich zwischen einem (Norwegen) und sechs Prozent (Mexiko). Chinesische Staatsanleihen bringen bei einem relativ stabilen Wechselkurs derzeit um die drei Prozent.

Klassische Staatsanleihen: Nur noch taktisch sinnvoll

Bleibt die Frage: Sind klassische Staatsanleihen in diesem Umfeld noch sinnvoll? Für ein Dauer-Investment lautet die Antwort derzeit klar „Nein“, es muss sogar von einem nominalen Wertverlust ausgegangen werden. Als taktisches Instrument bieten klassische Staatsanleihen aber Chancen! So steigen die Kurse lang laufender Staatsanleihen solider Emittenten, wie der USA und Deutschland, wenn an den Aktienmärkten Unheil droht oder die Kurse bereits in den Keller rauschen. In diesen Extremphasen können Langläufer effektiv das Risiko eines Portfolios senken und zudem einen Beitrag zur Rendite leisten.  Gleichwohl ist vor allem bei Langläufern Vorsicht geboten: Erhöhen die Zentralbanken die Zinsen, geben die Kurse langlaufender Anleihen besonders nach.

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