Mit effektiven Strategien gut durchs Börsengewitter kommen
Von Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege bei der Spiekermann & CO AG in Osnabrück
Erst ein Minus von 10 Prozent im Juli, dann ein fast genau so hohes Plus im August, und jetzt gibt der Aktienmarkt erneut nach: Für die Nerven vieler Anleger ist diese Achterbahnfahrt der reinste Stress. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, an der Börse eine klar definierte Strategie zu verfolgen. Denn wer keine hat, wird oft zum schlechtesten Zeitpunkt „aus dem Markt gekegelt“.
Im Juli begann eine Korrektur an den Aktienmärkten, die es in sich hatte. Sie kulminierte Anfang August in einem Kursabsturz um 12 Prozent in Japan, der die Angst vor einem globalen Börsencrash schürte. Das Beben in Asien sorgte zusammen mit der Angst vor einem Abschwung der US-Wirtschaft und den Sorgen in Nahost für einen Ausverkauf in Europa und Übersee: Innerhalb von drei Tagen ging es um satte 10 Prozent nach unten.
Doch schon kurz darauf erholte sich der Aktienmarkt: Indizes wie der amerikanische S&P 500 klopften bei ihrem vorigen Allzeit-Hoch an, DAX und Dow Jones überboten sogar diese Höchstmarken. In dieser kraftvollen V-förmigen Erholung schienen die Ängste von Anfang August wie weggeblasen, die Anleger schalteten um auf Sonnenschein. Allerdings vermieste ihnen der erste Handelstag der US-Börsen im September die gute Laune gehörig und unerwartet: In nur einem Tag rauschte der S&P 500 um 2,1 Prozent, die Nasdaq 100 um 3,2 Prozent und Anleger-Liebling Nvidia sogar um fast 10 Prozent nach unten. Welche Lehren lassen sich nun aus dem aktuellen Sommergewitter ziehen?
Lehre 1: Strategischer Aktienanteil für den längerfristigen Aufwärtstrend
Auch wenn es aktuell nicht so aussieht: Auf lange Sicht entwickeln sich die Aktienmärkte wie die Gewinne der Unternehmen. Steigen diese um 10 Prozent per anno, wird sich das in den Börsenkursen spiegeln. Da der Trend zu steigenden Firmengewinnen ungebrochen ist und in Deutschland vermutlich nicht der Sozialismus eingeführt wird, ist es sinnvoll, mit einem guten Teil seines Vermögens längerfristig am Aktienmarkt investiert zu sein (sogenanntes strategisches Investment). Wichtig ist hier, dass Sie überwiegend auf ausgewählte Unternehmen mit starkem Umsatz- und Gewinnwachstum setzen. Unter Umständen können auch Substanztitel beigemischt werden.
Lehre 2: Taktischer Aktienanteil, um auf Über- oder Untertreibungen zu reagieren
Während Sie mit dem strategischen Aktienanteil Zeiten wie das aktuelle Börsengewitter aussitzen können, ist dies beim taktischen Aktien-Anteil anders. Dieser Anteil kann bis zu 20 Prozent der gesamten Aktienquote ausmachen. Wichtig ist, dass Sie im Voraus wissen, wann Sie diesen taktischen Anteil investieren und wann Sie ihn aus dem Markt nehmen werden. Zwei grundlegende Möglichkeiten gibt es: Entweder ist der Markt sehr gut gelaufen, dann können Sie damit einen Teil ihrer Gewinne sichern – oder der Markt bricht wider Erwarten ein, dann begrenzen Sie mit einem Verkauf ihre Verluste. Wichtig ist, dass Sie jeweils die Bedingungen kennen, unter denen Sie handeln werden.
Lehre 3: Hören Sie nicht auf angebliche Börsen-Erklärer!
Viele Anleger wollen sich derzeit über Fernsehen oder Presse rückversichern, ob sie das Richtige tun. Sinnvoll ist dies nicht, denn auch Finanzjournalisten wissen nicht wirklich, was passiert, auch wenn sie es mit guten Absichten versuchen. Besonders kritisch sollten Sie aber mit (selbsternannten) Experten sein, die behaupten, sie hätten den Anstieg oder den Rückschlag oder gleich beides kommen sehen. Das gilt erst recht für jene, die Ihnen weismachen wollen, sie wüssten, wie die Zukunft aussieht. Mein Rat: Machen Sie es wie Odysseus: Verschließen Sie die Ohren und halten Sie sich an Ihre Strategie.
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