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Wachstum, Inflation, Krieg: Robuste Struktur-Portfolios sind die Lösung

Von Thomas Keller, Investmentstratege bei der Spiekermann & CO AG in Osnabrück

 

Unsere Welt ändert sich derzeit rapide: In Europa wird seit Jahrzehnten erstmals wieder Krieg geführt, die Inflation erreicht Werte wie in den 1970er-Jahren, die Staatsschulden klettern weiter ungebremst. Diese Verschiebung der Koordinaten hat erhebliche Konsequenzen fürs erfolgreiche Investieren: Mehr als zuvor kommt es darauf an, das Portfolio robust gegen sehr unterschiedliche Risiken zu wappnen.

 

2022 erwischt viele Anleger auf dem falschen Fuß

Als das vergangene Jahr zu Ende ging, hätte wohl niemand darauf gewettet, dass sich 2022 so entwickelt, wie es bislang geschah. Zumindest einen Krieg innerhalb Europas hatte niemand auf der Rechnung. Dies zeigt einmal mehr, dass Prognosen für die nähere und weitere Zukunft wenig sinnvoll sind. Leider hindert das weder Finanzbranche noch Anleger daran, solche Prognosen abzugeben bzw. sie nachzufragen. Auch jetzt wollen wohl viele Anleger wissen, wann der Ausverkauf insbesondere an den europäischen Aktienmärkten enden könnte.

 

Wir setzen auf mehrere Szenarien statt auf Prognosen

Für das erfolgreiche Investieren halten wir einen anderen Zugang für sinnvoller: das Denken in Szenarien. Dabei entwickeln wir schon seit Längerem verschiedene Szenarien für die mittlere und längere Sicht und gewichten diese entsprechend ihrer Wahrscheinlichkeit. Auf dieser Basis entwerfen wir dann unsere robusten Struktur-Portfolios, die sich am Risikoprofil der Anleger orientieren und die stringent umgesetzt werden. Wie das funktioniert, zeigen wir am Beispiel eines Portfolios mit maximal 70 Prozent Aktien und 30 Prozent Anleihen.

 

Aktienanteil wird über mehrere Stellhebel gesteuert

Den Aktienanteil im Portfolio steuern wir über mehrere Stellhebel: Insbesondere aussichtsreiche Einzelwerte wählen wir nach unserer hausinternen Aktienexpertise aus. In einem anderen Teil des Portfolios gewichten wir die Weltregionen in dem Maß, wie wir ihr Wachstumspotenzial einschätzen. Einen ähnlich großen Anteil wie bei den Regionen reservieren wir für strukturell aussichtsreiche Segmente des Aktienmarkts. Seit einiger Zeit setzen wir hierbei verstärkt auf die Sektoren „Materialien/Rohstoffe“, „Health Care/Biotech“ und „Informationstechnologie“. Last but not least nutzen wir einen Teil des Aktienportfolios, um in Kursschwächen antizyklisch über ETF unsere Positionen aufzustocken. Das haben wir auch in den vergangenen Wochen getan. Unterm Strich bewegt sich die Aktienquote des 70/30-Portfolios derzeit bei rund 55 Prozent.

 

Gold und Renten sorgen für Stabilität

Von sinkenden Zinsen bzw. niedrigeren Realzinsen sowie wachsender Unsicherheit profitieren die zwei größten Positionen im eher defensiven Anteil des Portfolios: globale Staatsanleihen vor allem aus dem Dollar-Raum sowie Gold und Goldminen. Ihnen werden aber auch Anleihen beigemischt, die sich auch in einem neutralen bzw. positiven Umfeld gut bewähren. Die Palette reicht von ausgewählten Renten über Emerging Markets-Papiere, Unternehmensanleihen (auch High Yield) sowie Nachranganleihen. Abgerundet wird dies durch inflationsgeschützte Papiere.

 

Einstelliger Verlust trotz 70 Prozent Aktien

In der Portfoliokonstruktion berücksichtigen wir also zum einen die Individualität des Mandanten und zum anderen die übergeordnete Struktur. Für uns als eher konservative Vermögensverwalter brachte auch dieses Jahr bislang ein klares Zeichen, dass wir mit den robusten Struktur-Portfolios auf einem guten Weg sind: Selbst nach dem jüngsten zeitweiligen Ausverkauf an den Aktienmärkten verbucht das 70/30-Struktur-Portfolio für 2022 nur einen einstelligen Verlust.

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