Der Marktkommentar der Spiekermann & CO AG unter dem Motto "Das globale Wirtschaftsschach 2025: Ein Spiel der Nationen"
Das globale Wirtschaftsschach 2025: Ein Spiel der Nationen
Die Weltwirtschaft sowie die Finanzmärkte sind zweifellos kein Spiel, sondern ein ernsthaftes Geschäft mit weitreichenden Konsequenzen für Volkswirtschaften, Unternehmen und Privatpersonen. Dennoch lässt sich das Verhalten der handelnden Akteure derzeit oft mit dem taktischen Manövrieren in einem komplexen Spiel vergleichen. Ob die Züge klug durchdacht sind, wird sich erst in der Zukunft herausstellen.
Die globale Wirtschaftslandschaft Anfang 2025 gleicht einem gigantischen Schachbrett, auf dem Nationen sich mit weitreichenden Konsequenzen platzieren. In dieser komplexen Partie sind die Spieler mit tiefgreifenden Veränderungen konfrontiert, wobei politische Entscheidungen die ökonomischen
Figuren bewegen. In den USA hat Präsident Trump mit seiner Zollpolitik eine aggressive Eröffnung vollzogen. Diese Strategie, die den Handel mit wichtigen Partnern belastet, könnte den offensiven Spieler in eine Enge drücken – Stagflation – ein Szenario, in dem schwaches Wirtschaftswachstum und Inflation die Bewegungsfreiheit des Königs einschränken. Deutschland hat mit der Ankündigung eines massiven Schuldenpakets für Infrastruktur und Verteidigung einen kühnen Springerzug vollführt. Dieser unerwartete Zug hat die europäischen Märkte elektrisiert und die Dynamik auf dem europäischen Teil des Bretts grundlegend verändert. Diese Entwicklungen haben zu einer bemerkenswerten Divergenz der Spielstrategien geführt. Während die „America First“-Politik die US-Strategie bestimmt, vollziehen die europäischen Aktienmärkte einen überraschenden Vorstoß, der die entstandenen Lücken geschickt nutzt. Die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, robust wie eine gut ausgeführte Rochade mit einem Gesamtvolumen von 9,5 Billionen Dollar, stehen vor neuen Herausforderungen. Die veränderte geopolitische Lage und die Neuausrichtung der US-Außenpolitik zwingen beide Seiten, ihre Positionen neu zu überdenken.
In diesem komplexen „Spiel“ sind Politik und Wirtschaft enger verwoben als je zuvor. Jeder Zug hat unmittelbare Auswirkungen: Märkte schwanken stärker, Anlageströme verschieben sich wie Figuren auf dem Brett und Risiken sowie Chancen müssen ständig neu bewertet werden. Die Spielweise der aggressiven Zollpolitik gehörte eigentlich der Vergangenheit an, insgesamt dominiert der Spielstil, der die Wertschaffung durch den Austausch von Waren und Dienstleistungen respektiert. Sofern die anderen Spieler der „Trumpschen“ Eröffnung überlegt kontern, spielen sie sich in eine bevorzugte Position für das weitere Spiel. Die Prognosen des IWFs, dass die Weltwirtschaft im Jahr 2025 um 3,3 Prozent wachsen wird, also ein Zuwachs von fast 3,7 Billionen Dollar, könnte bei Eskalation des Handelsdisputes nach unten korrigiert werden – eine Rezession, also eine Abnahme der globalen Wirtschaftsleistung, erwarten wir jedoch selbst bei stärkeren Zöllen nicht.
Unserer Ansicht nach haben wir es derzeit an den globalen Aktienmärkten „nur“ mit einer gesunden Korrektur und nicht mit einem Bärenmarkt wie im Jahr 2022 zu tun. Eine Korrektur definiert sich durch einen Abschwung von 10 bis 20 Prozent vom vorherigen Hochpunkt, während ein Bärenmarkt ein Minus von mindestens 20 Prozent voraussetzt, wobei es auch deutlich mehr werden kann. Für unseren Standpunkt sehen wir zwei wesentliche Gründe. Erstens baut sich die Überbewertung heiß gelaufener Sektoren und Unternehmen ein Stück weit ab. Da ist es logisch, dass der US-Tech-Index Nasdaq 100 die größten Verluste verbucht, denn dort sind vor allem ambitioniert bewertete Wachstums-Aktien versammelt, die sich jedoch in den Jahren 2023 und 2024 auch überdurchschnittlich entwickelt hatten. Vor allem Anleger, die spät am Aktienmarkt eingestiegen sind und/oder konzentriert Aktien von den Unternehmen gehalten haben, die stark unter Druck gekommen sind, waren auf der Verkäuferseite. Gleichzeitig kam es auch zu Gewinnmitnahmen, da viele Investoren in diesem Segment auf hohen Gewinnen saßen und diese realisieren wollten. Zweitens ist die Stimmung der Anleger ins Feld zuführen. Die Stimmung der (US)- Privatanleger war Mitte März auf einem Tiefpunkt angelangt. Der Angst-und-Gier-Index, wie ihn die American Association of Individual Investors jede Woche erhebt, zeigte „extreme Angst“ an. Konkret rechneten 59 Prozent der befragten Anleger mit weiter fallenden Kursen (Bären). Nur noch 19 Prozent gingen davon aus, dass die Kurse in Kürze steigen werden (Bullen), der Rest war neutral. Im historischen Durchschnitt der Befragungen zeigten sich lediglich rund 30 Prozent pessimistisch. Die Quote von Mitte März war also fast doppelt so hoch – ein Zeichen, dass ein Ende der Korrektur nicht mehr allzu fern sein könnte.
Trotz kurzfristiger Turbulenzen bleibt die langfristige Strategie, auf die Stärken der USA zu setzen, ein vielversprechender Zug. Die hohe Innovationskraft, bedeutende Energievorkommen, der große Binnenmarkt und die entwickelten Finanzmärkte sind starke Figuren im amerikanischen Spiel.
Wir haben die Situation Mitte März genutzt, um unsere Aktienquote über globale Aktien, insbesondere aus den USA, zu erhöhen. Denn in diesem komplexen Schachspiel der Weltwirtschaft gilt es, nicht nur die aktuellen Züge zu beobachten, sondern auch die langfristige Strategie im Auge zu behalten, auch weil ein Teil der Spieler in vier Jahren andere sein werden.
Neue Schulden in Deutschland: Ein Bauernopfer
Die Ankündigungen massiver Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur durch eine Aufweichung der Schuldenbremse hat zu Verwerfungen an den Anleihemärkten geführt – die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen stiegen sprunghaft an. Der Ifo-Präsident Clemens Fuest, ehemals ein Verfechter der Haushaltsdisziplin, unterstützt das Paket angesichts der dramatischen Lage, sieht aber die Notwendigkeit für Einsparungen an anderer Stelle. Die zusätzlichen Schulden in Höhe von geschätzt 3,5 Prozent des BIP pro Jahr würden die Staatsverschuldung und auch zukünftige Zinsaufwendungen erheblich erhöhen und damit aller Voraussicht nach die Inflation anheizen. In der Nachkriegsgeschichte wäre dies einer der größten fiskalpolitischen Richtungswechsel, der die Abkehr von der deutschen Sparsamkeit signalisiert.
Die vom Kapitalmarkt geforderten Zinsen auf langlaufende Deutsche Bundesanleihen verzeichneten im Zuge dessen einen rasanten Anstieg auf 2,8% – ein Bauernopfer, das Deutschland, traditionell ein Vorbild für Haushaltsdisziplin in Europa, für seinen strategischen Vorstoß in Kauf nimmt. Der Kapitalmarkt und auch wir zweifeln dabei nicht an der deutschen Solidität, jedoch würden diese spürbar höheren Ausgaben das Angebots- und Nachfragegefüge am europäischen Anleihenmarkt verschieben, die Inflation anheizen und somit die Zinsen steigen lassen. Beunruhigender scheint hier aus unserer Sicht der aus den Ankündigungen folgende nahezu parallele Zinsanstieg in weniger soliden Staaten der Währungsunion wie Frankreich oder Italien.
In diesem neu konfigurierten Spielfeld ist ein grundlegend anderes Rentenmanagement erforderlich. Die Duration, vereinfacht ausgedrückt die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer, wird zur Schlüsselfigur in der Verteidigungsstrategie gegen Zinsrisiken. Angesichts der steigenden Renditen und der erhöhten Schwankungen am Anleihemarkt ist es entscheidend, die Zinssensitivität des Portfolios genau zu steuern. Eine kürzere Duration kann helfen, das Zinsänderungsrisiko zu reduzieren und flexibler auf Marktbewegungen zu reagieren. Gleichzeitig bieten die höheren Renditen auch Chancen, weshalb eine dynamische Anpassung der Duration je nach Marktlage und individueller Risikotoleranz sinnvoll ist. Mit einem aktiven Durationsmanagement, kombiniert mit einer breiten Diversifikation über verschiedene Laufzeiten und Emittenten, steuern wir den Rentenanteil in den uns anvertrauten Depots. In diesem Umfeld ist eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Portfoliostruktur unerlässlich, um die Balance zwischen Risiko und Ertrag zu optimieren.
Gold weiterhin stark – Die schützende Dame auf dem Brett
Der Goldpreis zeigt im Jahr 2025 erneut eine positive Entwicklung, die voraussichtlich auch in naher Zukunft anhalten dürfte. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung sind die Zentralbanken, die als bedeutende Käufergruppe agieren. Prognosen zufolge plant ein historisch hoher Anteil der Notenbanken, ihre Goldreserven in den kommenden fünf Jahren aufzustocken. Dies unterstreicht das anhaltende Vertrauen in Gold als strategische Anlage und sichere Wertaufbewahrung.
Ein mögliches Stagflationsszenario in den USA stellt eine tückische „Stellung“ dar. Die Kombination aus hoher Inflation und sich abschwächenden Wirtschaftswachstum lässt viele Investoren nach Alternativen suchen, wobei Gold traditionell als Absicherung gegen solche wirtschaftlichen Unsicherheiten gilt. Zudem tragen die anhaltenden geopolitischen Spannungen weltweit dazu bei, dass Gold als sicherer Hafen bzw. klassische Verteidigungsstrategie gefragt bleibt. Investoren sollten sich dabei bewusst sein, dass der Goldpreis kurzfristig im Zuge steigender Zinsen auch nennenswert unter Druck geraten kann.
Interessanterweise hat die westliche Welt bisher noch nicht in vollem Umfang an diesem Goldpreisanstieg partizipiert, was sich an den verhaltenen westlichen Kapitalflüssen in Finanzprodukte auf Gold ablesen lässt. Dies deutet darauf hin, dass noch Potenzial für weitere Preissteigerungen besteht, sobald westliche Investoren ihre Strategie anpassen.
In China zeigt sich ein besonders starkes Interesse an Gold. Angesichts eines schwächelnden Immobilienmarktes suchen chinesische Anleger nach alternativen Investitionsmöglichkeiten. Zusätzlich wurde kürzlich chinesischen Versicherungsunternehmen erlaubt, in Gold zu investieren, was die Nachfrage weiter ankurbeln dürfte.
Angesichts dieser vielfältigen Faktoren – von der anhaltenden Nachfrage der Zentralbanken über makroökonomische Unsicherheiten bis hin zu neuen Investorengruppen – scheint der Goldpreis gut positioniert zu sein, um seinen Aufwärtstrend fortzusetzen. Diese Aussichten machen Gold für uns weiterhin zu einem wichtigen absichernden Baustein mit Wertsteigerungspotenzial in unseren Portfolien.
Fazit
Die gesunde Korrektur, die wir an den globalen Aktienmärkten beobachten, gleicht einem taktischen Rückzug in einem insgesamt konstruktiven Spielfeld. In diesem Zuge werden sich die Aktienbewertungen normalisieren und die sogenannten „schwachen Hände“ (nervöse Anleger) werden bzw. haben den Markt verlassen. Obwohl der genaue Zeitpunkt, wann dieser Prozess abgeschlossen sein wird, nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann, dürfte diese Bereinigung den Weg für stabilere Stellungen in den kommenden Partien ebnen. Mit unserer aktuellen Aktienquote von 70% gewichten wir Aktien aktuell weiter leicht unter und würden unsere Positionen bei weiteren Kursrückgängen aufstocken.
Wichtige Hinweise: Der Marktkommentar dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Er ersetzt keine individuelle Anlageberatung. Investieren ist mit Risiken verbunden. Der Wert einer Anlage und Erträge aus dieser können nennenswert schwanken und Investoren erhalten den investierten Betrag gegebenenfalls nicht zurück. Angaben zu historischen Wertentwicklungen erlauben keine Rückschlüsse auf Wertentwicklungen in der Zukunft. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die zur Verfügung gestellten Informationen in keinerlei Hinsicht eine Anlageempfehlung oder Anlageberatung darstellen. Alle Aussagen geben die Einschätzung zum Veröffentlichungszeitpunkt wieder und können sich ohne Mitteilung ändern. Sofern dieses Dokument Erwartungen oder Prognosen zu zukünftigen Entwicklungen enthält, unterliegen diese Aussagen einer Ungewissheit sowie bekannten und unbekannten Risiken. Tatsächliche Entwicklungen können daher wesentlich von den geäußerten Prognosen und Erwartungen abweichen. Die Spiekermann & CO AG ist hierbei nicht verpflichtet, die getroffenen Aussagen zu aktualisieren oder zu berichtigen. Die Spiekermann & CO AG übernimmt keine Haftung für die Verwendung dieses Dokuments oder dessen Inhalts noch für direkte oder indirekte Schäden aus dessen Verwendung.
Bei diesem Marktkommentar handelt es sich um eine Marketingmitteilung der Spiekermann & CO AG. Die Weitergabe oder Änderungen des Marktberichts bedürfen der ausdrücklichen Erlaubnis der Gesellschaft.
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