Zum Hauptinhalt springen

Nach dem Kurseinbruch: Was Sie jetzt über Anleihen wissen sollten

Von Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege bei der Spiekermann & CO AG in Osnabrück

 

Viele defensive bzw. konservative Anleger sind nach dem Kurseinbruch am Rentenmarkt 2022 verunsichert: Können und sollten sie noch in Anleihen investieren, die ihnen in den Jahren zuvor ja Kursgewinne beschert haben? Oder wäre es besser, ihr Geld bei höheren Zinsen gleich aufs Festgeldkonto zu legen? Wir sehen deutlich mehr Chancen am Anleihemarkt – sofern Anleger einige wichtige Aspekte beachten.

 

Wie die Zinsen die Anleihekurse beeinflussen

Bereits ausgegebene Anleihen fallen im Kurs bzw. verlieren an Wert, wenn die Zinsen steigen. Das liegt daran, dass die später auf den Markt kommenden Anleihen durch den Zinsanstieg einen höheren Zins aufweisen und damit vergleichsweise wertvoller sind. Daher werten die schon emittierten Anleihen ab bzw. sinken im Kurs. Das ist der Hintergrund für den Kurseinbruch 2022. Sinken indes die Zinsen, wie in den Jahren zuvor, steigen die Kurse der emittierten Anleihen.

 

Wieso lang laufende Anleihen 2022 besonders unter Druck kamen

Je länger die Laufzeiten der am Markt befindlichen Papiere, desto stärker gehen bei einem Zinsanstieg deren Kurse zurück. Grund: Im Vergleich zu den höher verzinsten Anleihen zahlen sie über viele Jahre niedrigere Zinsen als die neuen Papiere. Dies muss sich nach den Gesetz von Angebot und Nachfrage in (deutlich) sinkenden Kursen spiegeln. Anleihen mit Laufzeiten von 10 bis 30 Jahren sind davon stärker betroffen als kürzer laufende Papiere und verbuchten 2022 die höchsten Verluste. Sinken die Zinsen, steigen die Kurse langer Anleihen am stärksten.

 

Weshalb kurze Anleihen von Zinsanstiegen profitieren

Je kürzer die Laufzeit einer Anleihe, desto unmittelbarer spiegeln sich die Zinsanhebungen der Zentralbank in den Zinsen dieser Anleihe wider. Das zeigt sich in den aktuellen Konditionen: So rentieren dreimonatige Bundespapiere derzeit mit 2,9 Prozent im Jahr. Zweijährige Anleihen bringen 3,3 Prozent p.a., was für als sicher geltende Emittenten (sehr) attraktiv ist. US-Staatsanleihen mit zwei Jahren Laufzeit rentieren sogar mit fünf Prozent, bergen aber ein Währungsrisiko, das konservative Anleger nur in geringem Maß eingehen sollten.

 

Warum Unternehmen stets mehr zahlen

Unternehmen müssen für ihre Anleihen, je nach deren Ausfallrisiko, einen Aufschlag auf die Zinsen der als sicher geltenden Staatsanleihen zahlen. Dieser Spread zu den Staats-Zinsen ist bei als sehr sicher erachteten Firmen-Bonds (Investment Grade) derzeit recht gering, bei Hochzins-Anleihen ist deutlich mehr zu holen. Allerdings gilt: Je höher der Zins einer Anleihe, desto größer ist auch das Ausfallrisiko des Emittenten. Anleger, die sich hier engagieren wollen, sollten sich entweder gut auskennen oder fachlichen Rat einholen.

 

Weshalb Anleihen jetzt (sehr) interessant sind

Selbst bei sicheren Schuldnern wie dem deutschen Staat erhalten Anleger mehr als drei Prozent per anno für kurze Laufzeiten. Das liegt spürbar über den Zinsen der meisten Sparkassen und Banken. Zudem gibt es bei Investment-Grade-Anleihen noch einen Schnaps mehr. Unseres Erachtens ist ein kluger Mix aus Staats- und Unternehmensanleihen mit eher kürzeren Laufzeiten, passend zum Risikoprofil des Anlegers, aktuell viel sinnvoller als ein Festgeldkonto. Für Anleger, die auch mittelfristig investieren können, sind drei- bis fünfjährige Anleihen interessant, mit denen sie sich die attraktiven Zinsen länger sichern können.

weitere Neuigkeiten

12.04.2024
Marktkommentar April 2024: US-Aktien im Depot – Pflicht oder Kür?

Die Berichterstattung nimmt zu, die Anspannung steigt, die Umfrageergebnisse sind hauchdünn – in sieben Monaten ist es so weit: die Amerikaner werden zur Wahlurne gebeten. Welche Auswirkungen hat diese Entscheidung auf den Finanzmarkt?

05.04.2024
Für Gold brechen nun wieder glänzende Zeiten an

In den vergangenen Jahren war es still geworden um Gold. Kein Wunder: Von 2011 bis 2023 konnte das Edelmetall unter starken Schwankungen nur den Nominalwert erhalten. Doch mit dem klaren Ausbruch über 2.050 Dollar und einem frischen Allzeithoch zeigte Gold im März viel Stärke.

12.03.2024
MSCI World – einfach genial oder doch nicht das Gelbe vom Ei?

Nach der starken Performance der Aktienmärkte seit November 2023 gilt vielen Anlegern ein ETF auf den MSCI World als das Nonplusultra. Doch was für Anfänger ein guter Startpunkt für die Geldanlage sein mag, ist zur Verwaltung größerer Vermögen nur bedingt geeignet. Denn der angeblich so breit gestreute MSCI World bringt Nachteile mit sich, die richtig ins Geld gehen können.